Samstag, 9. Juni 2018

Wiedersehen mit Galiläa

Beth Uri, Givat Hamore, Afula/Galiläa. 
Hier haben wir von 1983-84 ein Jahr lang in einer Behinderteneinrichtung als Praktikanten gearbeitet. Gegründet wurde das Heim von Deborah Schick, einer tschechischen Jüdin, die mit ihrem behinderten Sohn Uri vor dem Holocaust nach Palästina flüchtete und eine Heimstätte für eben solche Kinder schaffen wollte. Unbeirrt, in großer Bescheidenheit baute sie Stück für Stück das Heim auf, immer in Geldnot und viel durch Spenden gestützt, erhielt viele Jahre später einen Preis des israelischen Premierministers für ihre sozialen Verdienste und wurde posthum noch weiter geehrt.

Für uns war dieses Praktikumsjahr damals eine harte Zeit, die uns aber beim Erwachsenwerden half, eigenverantwortlich handeln lehrte, mit dem jüdischen Leben vertraut machte und viele kulturelle Berührungen ermöglichte. Wir waren später tief dankbar für dieses Jahr in Israel.  

Wir werden in Beth Uri offen und freundlich empfangen, von Jossi Shachar, nach Deborah langjähriger Heimleiter, der inzwischen die Verantwortung an Nachfolger übertragen hat und noch als Lehrer in der heiminternen Schule tätig ist.
Wir dürfen Gelände und Gebäude besichtigen, werden in Workshops und Schulunterrichte integriert, erleben Musik und Heileurythmie, nehmen am Lehrermeeting teil und übernachten in der Volontärsvilla in der Nachbarschaft.

Neben sehr netten Mitarbeitergesprächen gibt es auch bewegende Begegnungen mit Heiminsassen, die damals Kinder waren und nun als Erwachsene noch immer hier leben. Einige erkennen wir wieder und vor allem sie uns auch, man sieht es am Lachen, in den Augen, an der Freude. 
Da wird es einem sehr warm ums Herz.


Haus 3, in dem wir damals viel gearbeitet haben.


Eines der vielen neuen Gebäude. Beth Uri ist sehr groß geworden und hat viele neue Insassen, Mitarbeiter und Häuser, blüht und gedeiht, schön zu sehen.


Heimgründerin Deborah in den 1990er Jahren... 


... und wenige Monate vor ihrem Tod 2002, in ihrem Zimmer in Haus 1, das es inzwischen nicht mehr gibt.


An verschiedenen Stellen erinnern Bilder und Gedenktafeln an sie.


Im Rollstuhl Dani, rechts im Bild Amos. Beide waren damals in unserer Gruppe. Wir haben viel Freude miteinander.


Zevi, damals ein kleiner Junge, mit dem ich gern draußen auf dem Spielplatz gespielt habe. Auch heute noch ein lieber Kerl, der mir stolz seine Arbeit in der Kerzenwerkstatt zeigt.


Donna, damals wie heute eine der aufgeweckten Insassinnen, fröhlich wie eh und je.


Und schließlich Sahava, die einzige noch tätige Mitarbeiterin von damals. 
Auch dies eine sehr schöne Begegnung.

Im nahen Kibbuz Mizra, wo wir zweimal wöchentlich Hebräischstunden bei Yehuda, einem deutschen Juden, ebenfalls Holocaust-Flüchtling, hatten, können wir mit Bilha, seiner Tochter, sprechen und erfahren, wann und wie Yehuda verstorben ist. Auch das ist ein guter Moment zwischen Erinnerung und Gegenwart.

Später fahren wir noch hinüber zum See Genezareth - Yam Kinneret - schauen die Stelle an, an der der Jordan aus dem See tritt, die vermeintliche Taufstelle Jesu, wo heute weiße Kleider geliehen werden können und mit Priester Jordantaufen am laufenden Band zelebriert werden. Religion kann sehr kommerziell sein, das haben wir schon damals bei Dingen wie dem "Original-Hochzeitswein" aus Kanaa und Ähnlichem erlebt.

In Tabgha, direkt am See und nach Bibel dem Ort der Speisung der Fünftausend, gibt es ein kleines, stilles Kirchlein mit schönem Bodenmosaik, das wir schon damals mochten und wo man auch schön schwimmen gehen kann. Nach einer kleinen Einkehr in der Kirche tun wir das dann sehr gern, es ist mit 35 Grad auch wieder sehr heiß. Später gibt es noch ein Picknick am Seeufer mit friedvollem Blick in die Abendstimmung.


Mit zwei Fischen und fūnf Broten wurden 5000 Menschen gespeist. 
Der See Genezareth ist einer der großen Wirkungsorte Jesu, hier wurde die Bergpredigt gehalten, die ersten Jūnger benannt, auf dem Wasser gewandelt, die 5000 gespeist. Auch wir hatten und haben die Atmosphäre des Sees sehr gern. 




Sonnenuntergang heute in Tabgha am See Genezareth, 
im Hintergrund die Golanhöhen.

Ein besonderer Gruß geht mit diesem Post an unsere langjährige Freundin Cornelia aus Basel, die wie wir damals zum Freiwilligendienst in Beth Uri war. Wir haben uns nie aus den Augen verloren und viel Schönes miteinander erlebt. Cornelia ist auch Patin von Valentin.

(von Jessica)

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