Sonntag, 3. Juni 2018

Unter dem Meeresspiegel

Wir erreichen den tiefsten Punkt auf unserer Erde - das Tote Meer, 400 Meter unter dem Meeresspiegel.
Die Küstenstraße entlang fahren wir nach Norden, vorbei an dem eindrücklichen Felsen der Masada, dem Symbol des jüdischen Widerstandes schlechthin. Im Jahr 74 nach Christus hatten sich Juden mit ihren Familien hierhin zurückgezogen, um der römischen Eroberung des Landes zu entgehen. Die Römer bauten eine Rampe von der höher gelegenen Rückseite, auf der sie ihre Kriegsmaschinen hinauftransportierten, doch bei der Erstürmung erwartete sie Totenstille, alle etwa 1000 Bewohner hatten kollektiven Selbstmord begangen, um der Fremdherrschaft zu entgehen.
Damals sind wir den Schlangenpfad hinaufgewandert, haben uns die Festung angeschaut und uns im Herodespalast versteckt, um die Nacht dort verbringen zu können, ganz allein, im Freien unter einem herrlichen Sternenhimmel.

Heute schauen wir nur von unten hinauf und belassen es bei unseren Erinnerungen.


Etwas weiter nördlich liegt En Gedi, ein tiefes Tal, eingeschnitten in die Tafelberge, in dem eine Quelle entspringt. Nach der Gründung Israels ist hier ein Kibbuz entstanden, der das Naturreservat zugänglich macht und die Touristenströme lenkt.




Man wählt seinen Weg in das Wadi hinein entsprechend der eigenen Kondition. Bequeme Wanderwege führen bis zum ersten Wasserfall, auf extrem schwierigen Pfaden kann man an der Steilwand bis zu 600 Metern hinauf steigen.



Wir erklimmen die halbe Höhe, bis zur Quelle des kleinen Baches, der seit Jahrtausenden hier entspringt und die grüne Oase in der Wüstenlandschaft geschaffen hat.

Was für eine grandiose, unwirkliche Landschaft!

Wir begegnen Gemsen, die sich an die Besucher gewöhnt haben und  wenig schreckhaft sind.


Der Blick aufs Tote Meer erschreckt: Dort, wo wir vor 35 Jahren baden waren, ist jetzt wüste Mondlandschaft. An manchen Stellen ist die Küstenlinie über einen Kilometer zurückgewichen, fast ein Drittel seiner Fläche hat es seitdem eingebüßt. Jedes Jahr sinkt der Wasserspiegel noch immer um fast einen Meter. 
Der Zufluß aus dem Jordan ist zu gering, nur noch fünf Prozent der ursprünglichen Wassermenge kommen im Toten Meer an, den Rest verbraucht die intensive Landwirtschaft. Die Kaliwerke im Süden entziehen dem Meer riesige Mengen an Wasser zur Salzgewinnung. Ob die Entwicklung gestoppt wird, bevor es zu spät ist?

Im kleineren südlichen Teil des Meeres sorgt man für einen gleichbleibenden Pegel - hier stehen die großen Hotels, die Sonnenhungrigen und Linderung-für-allerlei-Leiden-Suchenden die Badekuren teuer verkaufen.

Der Salzgehalt von 30 Prozent verschafft ein einmaliges Gefühl des Getragen-Werdens. Der Auftrieb ist so stark, das es schwer fällt, die Beine auf den Boden zu bekommen. Wir lassen uns regungslos in dem warmen, fast öligen Wasser nahezu schwerelos treiben.

Ähnliche Bilder wie in Pamukkale, nur ist es hier nicht der Kalk, der alles benetzt und erstarren lässt, sondern das Salz.

Auf dem Rückweg erleben wir die bizarren Felsformationen der Wüstenlandschaft im letzten Abendlicht.


(von Ronald)

1 Kommentar:

  1. Einen lieben Gruß von 40 m über dem Meer an 400 m unter dem Meer und weiter alles gute für euch beide. Danke für die eindrucksvollen und informativen Berichte. Herzliche Grüße Kalle

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