Sonntag, 20. Mai 2018

Untergehen und wieder auferstehen - Assuan

Als Pyramide des 20. Jahrhunderts wurde der erste Assuan-Staudamm gefeiert, der 1902 eingeweiht wurde. Tausende von Steinmetzen und Arbeitern waren vier Jahre rund um die Uhr beschäftigt, um eine zwei Kilometer lange Staumauer aus Granitblöcken aufzuschichten. Der Damm sollte die ganzjährige Wasserversorgung für die Feldbewässerung im gesamten Ägypten sicherstellen. Trockenzeiten sollten überbrückt, Hochwasser zurückgehalten werden. Der für die Düngung der Felder seit Jahrtausenden genutzte Nilschlamm sollte die Wehre passieren. Der entstandene Stausee flutete einige Dörfer der im südlichen Ägypten und angrenzenden Sudan ansäßigen Nubier und viele antike Bauwerke. Die Menschen wurden umgesiedelt, die Bauwerke vermessen, registriert und gerettet, soweit möglich. 
Obwohl er noch zweimal aufgestockt wurde, erwies sich jedoch die Menge des aufgestauten Wassers als zu gering, der Damm als zu klein, um seine Aufgabe zu erfüllen.

Präsident Nasser setzte sich für den Bau eines neuen Dammes südlich des alten ein. Deutsche Firmen erhielten den Zuschlag für den Bau der Staumauer und des zugehörigen Wasserkraftwerks, das Ägypten von Stromlieferungen aus dem Ausland unabhängig machen sollte. Die USA, England und die Weltbank gaben Finanzierungszusagen, zogen diese aber aus politischen Gründen zurück, so dass Nasser auf das Angebot der UdSSR einging, den Bau zu finanzieren und durchzuführen.
Für den Bau wurde ein künstlicher Flusslauf geschaffen, in den der Nil umgeleitet wurde. 1964 war ein Teilabschnitt fertiggestellt, man begann, Wasser hineinfließen zu lassen. Der Damm wurde 1970 fertig, gefüllt wurde er bis 1976.

Auf eine Länge von 500 Kilometern wird der Nil gestaut, ein riesiger See entstand. Ägypten und Sudan einigten sich über die Nutzung des Wassers. Das Kulturland der Nubier, ein schwarzafrikanisches Volk aus dem nördlichen Sudan, dem ägyptischen Nachbarland, verschwand in den Fluten.

Wir fahren in einer gebuchten Tour mit zwei Fahrern 300 Kilometer nach Süden zur südlichsten Grenze des Pharaonenreiches und des heutigen Ägyptens, um die Tempel von Abu Simbel zu besichtigen. Morgens um drei geht es los, damit wir die Morgenstunden zur Besichtigung nutzen können. 
        

Dann stehen wir am Rand des Nasser- Stausees. Auf einer Ebene erheben sich zwei Felshügel, in die die Tempel hineingehauen wurden.
Einer einmaligen internationalen Zusammenarbeit ist es zu verdanken, dass diese Monumente heute noch zu besichtigen sind. In einem Wettlauf gegen die Zeit wurden die riesigen Figuren mitsamt dem Tempelinneren und dem umgebenden Fels in Teile zersägt, auseinandergenommen und 65m weiter oben wieder zusammengesetzt. Im Innern wird der Fels durch ein Stahlgerüst getragen. An diesem Projekt entstand die Idee zu einer Liste der Weltkulturerbestätten, die die Unesco führen sollte.


Alle vier Statuen stellen Ramses II dar. Der dritte Koloss ist schon zu Lebzeiten des Pharaos weggebrochen. So wurden die Bruchstücke wieder zu seinen Füßen abgelegt.

Die Nubier kommen in den Darstellungen hauptsächlich als Gefangene vor.


Nebenan der Hathor-Tempel, der Ramses Gemahlin Nerfertari gewidmet war. Pharao und Königin sind hier gleich groß, während sie im großen Tempel nur bis an seine Knie reicht.


Bei Tageslicht geht es zurück durch die Wüste. Die Temperaturen liegen deutlich über 40 Grad, die Luft flimmert.

Sand weht über die Straße, der Himmel ist weißlich-trüb.


Manche natürlichen Felsformationen lassen schon Ähnlichkeiten mit Pyramiden zu erkennen.

Auch eine schnurgerade Straße kann gefährlich werden.

Eine Fata Morgana täuscht eine große Wasserfläche vor.

Nur kurz trotzen wir bei einer Pause Wind und Sand.

Wüstenmarkt bei einer kleinen Ansammlung von Häusern. 

Datteln in unterschiedlichsten Qualitäten. Wie alle anderen Teile der Palme sind sie schon immer Lebensgrundlage der Wüstenbewohner.

Nur ein Gerippe des Busses ist noch übrig.

An dieser Bushaltestelle möchte man nicht warten.

Früh am nächsten Morgen sind wir wieder unterwegs. Der neue Damm darf besichtigt werden. Er ist aufgeschüttet mit Sand und Geröll.






Mit dem Motorboot, dessen Motor auf abenteuerliche Weise mit einem umgewickelten Bindfaden gestartet werden muss, 
bringt uns Achmed zur Insel Philae.

Sie liegt in dem Abschnitt, der zwischen dem alten und dem neuen Damm liegt. Der Stausee des alten Dammes setzte die Insel mitsamt seinen guterhaltenen Tempelanlagen unter Wasser. Die Farben wurden abgewaschen, doch ansonsten haben die Bauwerke den siebzigjährigen Tauchgang gut überstanden. 
Mit dem neuen Damm tauchte alles wieder auf, nun änderte sich der Wasserstand aber so häufig , dass ernsthafte Schäden auftraten.
So entschloss man sich zur Rettung, indem die höherliegende Nachbarinsel topographisch angepasst wurde und auch diese Tempel Stein für Stein abgetragen und am neuen Standort wieder aufgebaut wurden.


Gesichter, Hände und Füße der Gottheiten und Pharaonen wurden von den später hier ihren Kult versehenden koptischen Christen vielfach weggehauen.  

Die alten Götter mussten den neuen weichen. Ein in eine Säule gemeißeltes Kreuz.

In diesem Pavillon ...

... hat schon 'Tiervater' Brehm seine Spuren hinterlassen und wie Hunderte andere früherer Besucher ein Graffiti fein säuberlich hinein geritzt.

Der nächste Besuch führt uns in einen ehemaligen Seinbruch mitten in der Stadt. Dort liegt seit 3000 Jahren ein unfertiger Obelisk, der einmal 40 m hoch in den Himmel ragen sollte und mehr als 1000 Tonnen auf die Waage gebracht hätte.


Doch vor der Fertigstellung nach monatelanger Arbeit bildete sich im oberen Bereich ein meterlanger Riss, der zur Einstellung der Arbeiten führte.

Mit dem härteren Schlagstein wurde gearbeitet. Sehr mühsam.

Das Emporziehen der Steinladung in der Schubkarre auf einer heutigen Baustelle hätte wohl auch zu Pharaos Zeiten so ähnlich geschehen können.

Wir besuchen kurz das Old Cataract Hotel, ein nobler Bau von 1899, in dem Agatha Christie an 'Death on the Nile' schrieb, zugleich einer der Schauplätze des gleichnamigen Films.

Zum Sonnenuntergang wird die Terrasse für Nicht- Hotelgäste gesperrt.

Von der Terrasse der Blick auf die tatsächlich filmreife Kulisse der Nilinsel Elephantine, früher Umschlagplatz für Elfenbein.

Innen wie außen sehr stilvoll.

Eine kleine Ziegenherde vergnügt sich in den Grünanlagen vor dem Hotel.

Im Nubischen Museum fällt uns seine Statue auf, die die Göttin Seth mit dem Horusknaben auf dem Arm darstellt und unweigerlich an das Weihnachtsgeschehen erinnert.
So wie Tempel untergehen und wieder auftauchen können, kann das vielleicht auch mit tiefen Bildern in der Menschheitsgeschichte geschehen.

(von Ronald)

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