Unser Weg führt uns zu den Dardanellen, jener Meerenge, die durchquert werden muss, wenn man vom Mittelmeer nach Istanbul oder ins Schwarze Meer möchte. Nicht nur in der Antike war dieser stragisch wichtige Lage Schauplatz von Kämpfen, auch im 1. Weltkrieg fand hier eine entscheidende Schlacht statt.
Die Türken verhinderten am 18. März 1915 das Landen der alliierten Truppen, die alten Kanonen in Canakkale erinnern daran.
Dort gibt es auch ein Wiedersehen mit dem trojanischen Pferd, das Wolfgang Petersen für seinen Spielfilm Troja bauen ließ - 2004 haben wir es am Potsdamer Platz in Berlin gesehen, wo es zur Premiere aufgebaut war. Hier ist es jetzt aber 'zu Hause'.
Durch Zufall erfahren wir vom Bezahlsystem der türkischen Autobahnen: Ein an die Windschutzscheibe geklebter Chip kann geladen werden und wird auf den Autobahnen automatisch erfasst, ähnlich unserer LKW- Maut. Die Türken sind in vielem äußerst modern und gut strukturiert, die Informationspolitik ist jedoch verbesserungswürdig. Im Postamt, wo die Chips zu bekommen sind, half die gesamte Belegschaft bei der Bearbeitung für ein ausländisches Fahrzeug, da jeder mit einigen Brocken Englisch etwas beisteuern konnte.
Von den Dardanellen aus weitet sich eine Ebene aus, die von einer Anhöhe begrenzt wird - im Hintergrund zu sehen - auf der Troja liegt.
Auch hier ein mächtiges, aber wesentlich weniger fantasievolles Pferd, das uns am Eingang begrüßt.
Unsere Erwartungen sind nicht allzu hoch nach den vielen Ausgrabungen, die wir gesehen haben. Umsomehr überrascht uns die Anlage, in der der Mythos Troja lebendig wird.
Seit 2900 vor unserer Zeitrechnung standen hier eine Burg und eine Stadt, die Archäologen unterteilen in neun Phasen mit 46 Schichten; immer wieder wurde Neues auf den Überresten von Altem errichtet.
Die Burgmauern der siebten Phase stammen aus der Zeit des Trojanischen Krieges. Ohne Eisenwerkzeuge wurden die Steine behauen, so dass sie fugenlos gesetzt werden konnten.
So hat es vielleicht ausgesehen.
Noch immer wird jeden Sommer in Troja gegraben und noch immer sind so viele Fragen ungeklärt. Gab es Troja überhaupt oder handelt es sich um eine ganz andere Stadt, gab es den Trojanischen Krieg, den Homer beschreibt, gab es Homer oder sind es Überlieferungen von vielen, die unter seinem Namen zusammengefasst sind?
Der Kampf um Troja ist DIE Sage des klassischen Altertums, in ihrer Menschlichkeit und ihrer Tragik kaum zu überbieten - es ist viel schöner, sie als wahr anzunehmen, und sich von den Ereignissen und dem listenreichen Odysseus verzaubern zu lassen, als sich zu kritisch davon zu distanzieren.
Heinrich Schliemann hat das getan und ist seiner Idee unter Einsatz enormer eigener Finanzmittel nachgegangen. Sein Vorgehen ist heute umstritten, da er recht brachial vorgegangen ist und wie oben zu sehen, eine Schneise durch den gesamten Hügel getrieben hat, wobei vieles zerstört wurde (die einzelnen Schichten sind durch Nummer markiert).
Doch ihm ist vieles geglückt, nicht zuletzt hat er die Faszination für die historischen Stätten geweckt.
Eine Rampe in die Burg Troja II. Wenige Meter von hier hat Schliemann den Schatz in einem Hohlraum der Mauer gefunden, den er für Priamus Schatz hielt. Er irrte sich, denn der Schmuck stammt aus dem dritten Jahrtausend v. C., während der Kampf um Troja etwa um 1300 v. C. stattfand und von Homer 500 Jahre später aufgeschrieben wurde.
Die Schichtungen übereinander.
'Der Wind hat Troja den Reichtum gebracht' - das ist das Motto der aktuellen Grabungen, in den Sprachen aller Grabungsteilnehmer zu lesen. Bei dem meist vorherschenden Nord- Ost -Wind mussten die Schiffe, die in die Dardanellen einfahren wollten, auf günstigen Südwind warten, das machte Troja zum Anlaufziel und Handlungspunkt aller Vorbeifahrenden.
Ein Heiligtum außerhalb der Burgmauern, damals gut abgeschirmt.
Die griechische Insel Samotrake war das Zentrum des Kultes um die Kabiren - und von hier aus zu sehen. Auch Troja scheint eine wichtige Einweihungsstätte gewesen zu sein, und sie stand im regen Austausch mit den anderen Orten, die durch das ägäische Meer verbunden sind. Das Kabirenheiligtum auf Limnos haben wir vor einer Woche besucht.
Wir sind erstaunt über all die Zusammenhänge, die sich erschließen.
In den frühesten Schichten sind auch Lehmmauern zu finden.
Vom großen Athenatempel ist nichts mehr zu sehen. Man weiß, wo er stand, und hier und da finden sich Teile, wie dieses Stück einer steinernen Kassettendecke, das sich im Laufe der Zeiten tiefer nach unten eingegraben hat.
Die Römer, vor allem Augustus, haben Troja geschätzt und nach Zerstörungen wieder aufgebaut, kam mit Änäas doch ein Trojaner, der den Überfall der Griechen überlebt hatte, an die Küste Italiens, siedelte sich dort an und war für die Gründung Roms mit verantwortlich.
So liegen die Spuren römischer Bauten, hier ein Odeon, in den obersten Schichten, die nach dem fünften Jahrhundert fast 1500 Jahre unter meterdicken Schuttschichten vergraben lagen und vergessen waren.
Die Schildkröten lebten hier wohl schon immer.
Die Wasserleitungen, wie hier im Bild diagonal auf dem Absatz verlaufend, waren aus tönernen Rohren, die ineinander gesteckt werden konnten. Manche Erfindungen sind älter, als wir vermuten, auch wenn das Wissen dann für Jahrhunderte mit den Steinen verschüttet wurde.
Das neue Museum öffnet im August seine Pforten. Man hofft, dort möglichst alle Fundstücke, die jetzt in vielen Museen auf der ganzen Welt verteilt sind, an ihrem Fundort präsentieren zu können.
So ähnlich muss das Pferd morgens vor den Toren der Stadt gestanden haben. Die Griechen waren scheinbar zurückgesegelt und trotz Warnung wurde das Geschenk als Zeichen des Triumphes in die Stadt gezogen - und das Schicksal nahm seinen Lauf.
Dieses Exemplar ist 20 cm hoch und wird den Geschichtsunterricht illustrieren.
(von Ronald)
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