Mittwoch, 18. April 2018

Von gespielten und echten Tragödien

ˋMacht ihr Strand oder alte Steine?‘ werden wir in Griechenland mehr als einmal gefragt, um zu erfahren, ob wir relaxt Urlaub machen wollen oder auf Besichtigungstour zu historischen Stätten sind.
Da wir uns der Attraktivität der alten Steine nicht entziehen können, wie wohl auch an diesem Post zu merken ist, besuchen wir zwar längst nicht alle, aber doch einige der antiken Stätten. Es gelingt zwar durchaus, auch Entspannung mit einfließen zu lassen, doch das Tagesprogramm, das Besichtigungen, Fahren, Einkauf und Stellplatzsuche umfasst, ist immer sehr ausgefüllt (zwischendurch etwas zu essen tut auch gut, vor allem bei den hervorragenden Oliven, dem Käse, dem Joghurt und all den anderen Spezialitäten).

Nach Olympia besuchen wir Epidauros, einen antiken Kur- und Heilort. Man betrat das Gelände durch einen mächtigen Eingangsbereich, die großen Propyläen, wusch sich an einem rituellen Brunnen, passierte den Tempel des Asklepios, dem die gesamte Anlage geweiht war, um dann im Abaton in einen tiefen Schlaf zu versinken, während dem die Götter die notwendigen Kuren offenbarten. Im anschließenden Gespräch mit den Ärzten wurden die Heilverfahren festgelegt, es gab Badekuren, Massagen, medikamentöse Behandlungen, aber auch chirurgische Eingriffe.

Eines der bedeutendsten Gebäude war das Tholos, ein kreisrunder Tempel; den Mythen zu Folge liegen hier die Gebeine des Asklepios begraben. Er wurde von Zeus durch einen Blitz getötet, da er einen Toten zum Leben erweckt hatte, womit er eindeutig seine Befugnisse überschritten hatte. Sein Vater Apollon rächte ihn, indem er alle Zyklopen tötete, die Zeus‘ Blitze schmiedeten, wofür er dann wiederum bestraft wurde.

Der Tholos wird zur Zeit restauriert, einige der Säulen sollen wieder aufgestellt werden, damit man sich ein Bild dieses herrlichen Bauwerkes machen kann. An den Anstrengungen, die dafür nötig sind, kann man ein wenig Vorstellung davon gewinnen, was die Menschen beim Errichten der Gebäude geleistet haben.




Auch in Epidauros gab es sportlich-kultische Betätigung. Das Stadion für die klassischen Disziplinen Laufen, Diskus- und Speerwurf, Weitsprung und Ringen ist deutlich besser erhalten als in Olympia. 

Das Highlight ist das Theater, das so wunderbar erhalten ist, da es lange verschüttet war und so der Zerstörung entgangen ist. Jeden Sommer finden dort heute wieder Veranstaltungen statt, die von bis zu 12000 Menschen besucht werden können. Durch die besonders behauenen Sitzsteine ist die Akustik dort so gut, dass im Bühnenrund gesprochene Verse bis hinauf in die letzte Reihe verstanden werden.





Das Heilprogramm umfasste neben den medizinischen auch kulturelle Anwendungen, dazu gehörten die Besuche im Theater, in denen die Tragödien gespielt wurden, die oft das Geschehen aus der Zeit der Mythen zum Inhalt hatten.
Im Museum beeindrucken uns neben den vielen architektonischen Details vor allem die chirurgischen Instrumente,  die auf großes Wissen schließen lassen, die man aber lieber nicht am eigenen Leibe spüren möchte. Die Römer haben die Stätte nach der Eroberung Griechenlands übernommen, den Gott nun Äskulap genannt und den Kurort weiter betrieben.


Auf einer Anhöhe, von der man das Tal, das den Süden des Peleponnes mit dem Isthmus von Korinth verbindet, überschauen und bewachen kann, liegt Mykene, eine Stadtanlage aus vorhellenistischer Zeit, die, ohne zu hoch zu stapeln, als eine Wiege der europäischen Kultur bezeichnet werden kann. 


In einem der Gräber, die als monumentale Rundbauten in der Erde angelegt wurden, fand Heinrich Schliemann die Goldmaske, die er Agamemnon zuschrieb, womit er sich aber täuschte, da die Maske, wie man heute weiß, aus dem 16. vorchristlichen Jahrhundert stammt, der Kampf um Troja, in dem Agamemnon eine entscheidende Rolle spielte, aber erst 300 Jahre später stattfand. Eine Replik der Maske ist neben anderen wunderschönen Stücken, darunter Werkzeuge, Vasen, Opfergaben und Schmuck, im kleinen Museum am Ort zu sehen.


Agamemnon war der Anführer der Griechen im Kampf um Troja, der nach zehn Jahren Belagerung  mit Odysseus Hilfe die Stadt einnahm. Die Tragödie geschah nach seiner Rückkehr nach Hause, wo er von seiner Frau erdolcht wurde, da er ihre gemeinsame Tochter Iphigenie opfern wollte, um die Göttin Artemis gnädig zu stimmen, um günstige Winde für die Überfahrt nach Troja zu schicken. 

Durch das mächtige Löwentor, das als ältestes Zeugnis von Reliefdarstellungen gilt, betritt man die ummauerte Anlage. Von den Häusern und dem Palast, der schon im 12. vorchristlichen Jahrhundert abbrannte und nicht wieder aufgebaut wurde, zeugen nur noch wenige Ruinen. Es ist unglaublich, dass diese Stätte ihre Blütezeit vor über 3000 Jahren erlebte und schon zu römischen Zeiten als archäologische Touristenattraktion besucht wurde.

Erhalten ist eine begehbare Zisterne, deren 99 Stufen wir uns mit der Taschenlampe des Smartphones hinabtasten. Tief unten im Fels gab es immer Trinkwasser, das alle Bewohner der Burg versorgte.

Etwas abseits liegt das Schatzhaus des Atreus, dem Vater von Agamemnon, das schon in klassischer Zeit geplündert, aber nie zerstört oder verschüttet wurde, so dass es zwar immer zugänglich war, seine Verwendung und Ausstattung aber im Dunkeln liegt. 


Ein wenig Zeit bleibt meistens am Nachmittag, um ˋStrand zu machen‘ und Sonne und Wasser zu genießen. Jeden Abend stehen wir frei oder auf einem Campingplatz am Meer, so dass wir mit dem Rauschen der Wellen einschlafen und aufwachen.

Ein besonderer Gruß geht mit diesem Post an meinen Schwager Karl-Heinz, der den mitgelieferten Geografie- und Geschichtsunterricht hoffentlich auch weiterhin zu schätzen weiß.

(von Ronald)

1 Kommentar:

  1. Danke, Ron und Ei einen lieben Gruß zurück an euch beide. Ich finde die Berichte hochinteressant und freue mich immer wieder darauf.

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