Freitag, 11. Mai 2018

Wo Steine wachsen

Dank der park4night - App haben wir schon einige ungewöhnliche Übernachtungsplätze gefunden. Mit den türkischen Simkarten haben wir fast überall Netz, so dass das Internet als Informationsquelle zur Verfügung steht. (Doch nicht alles ist erreichbar, die Wikipedia ist seit über einem Jahr von türkischen Regierung blockiert. Erdogans Totschlagargument der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung kommt auch hier zum Tragen.)

 In Pamukkale stehen wir wieder äußerst originell: Direkt am Ort, vis-a-vis der Sinterterrassen können wir uns neben den großen Pool eines Tagesrestaurants stellen. Sanitäreinrichtungen und Strom sind vorhanden, Poolbenutzung inclusive und zum Eingang in die Kalksteinlandschaft sind es nur ein paar Minuten. 

An tierische Mitbewohner haben wir uns gewöhnt, hier leistet uns neben den Katzen und einigen Hühnern ...
... ein prächtiger Puter Gesellschaft.

Im Abendlicht verschaffen wir uns einen ersten Überblick über die Gegebenheiten.

Früh am Morgen gehören wir zu den ersten, die sich auf den Weg hinauf machen und erleben den Ort noch ohne die in vielen Busladungen heranströmenden Touristen. Pamukkale gehört gehört in der Türkei zu den am meisten besuchten Sehenswürdigkeiten. Von allen Städten im Westen und Süden werden Tages- oder Zweitagestouren hierhin angeboten.

Seit Jahrtausenden entspringt 35 - 38 Grad warmes, mineralhaltiges Wasser den Quellen auf dem Hochplateau eines Tafelberges. Beim Hinabfließen über die Felsen des Abhangs hat sich Kalk auf einer Breite von mehreren hundert Metern abgelagert, wobei sich Mulden, Schalen und Zapfen gebildet haben. 
Die Ablagerungen sind anfangs weich, Pflanzen wie der Oleander oben können hindurch brechen.

Blätter und andere Hinterlassenschaften werden überspült, versintern und werden zu Stein.

Die Becken, in denen man heute baden kann, sind künstlich geschaffen, um die natürlich gewachsenen Wannen, die zum Unesco- Weltnaturerbe gehören, zu schützen. 

Viele Jahre war das Betreten mit Schuhen und das Besteigen der Becken erlaubt, was sie ergrauen und zerbröckeln ließ. Oben am Abhang standen Hotels, die einen bequemen Einstieg erlaubten. Weltweiten Protesten ist es zu verdanken, dass die Hotels abgerissen wurden, die Terrassen abgesperrt wurden und der trotzdem wunderschöne überflutete und verkalkte Weg hinauf nur noch barfuß betreten werden darf.



Auch in der Antike schätzte man das heilende warme Wasser und errichtete auf dem Plateau eine Stadt. Nach einer wechselvollen Geschichte, in deren Verlauf Erdbeben wüteten, Griechen, Römer und Osmanen hier lebten, wurde die Stadt verlassen und das warme Quellwasser floß über die Ruinen und begrub sie.



Stadttor, Prachtstraße und andere Bauten wurden mit Wasserdruck vom Kalk befreit.

Und wieder ist ein Theater, dessen Bühnenbauten gut erhalten sind, zu bewundern. Da es oberhalb der Quellen lag, wurde es nicht überspült. Von den oberen Rängen konnte man die gesamte Stadt überblicken.
In den weitläufigen Thermen direkt oberhalb der Sinterterrassen ist heute das Museum mit hiesigen Fundstücken untergebracht.
Alte Straßen können jetzt wieder begangen werden,

vieles ruht noch in der Erde.

Über den Ruinen schweben Paraglider, zu denen wir etwas sehnsüchtig hinaufblicken.


'Zufällig' stoßen wir im kleinen unterhalb liegenden Ort, der sich anscheinend ganz dem Besuchertourismus verschrieben hat, aber doch zum anatolischen Dorf wird, wenn man die Hauptstraße einmal verlassen hat, auf den Anbieter der Tandemflüge. Das Angebot ist unwiderstehlich und so stehen wir schon am Nachmittag fest eingegurtet und behelmt oben auf einem nahen Berg und vertrauen unser Leben 20 dünnen Schnüren und ausschließlich türkisch sprechenden, äußerst professionellen Piloten an. 

Von ausgezeichneter Thermik getragen, schweben wir in Schwüngen und Kreisen über die Landschaft, die Ausgrabungsstätte und die Terrassen. 
So muss sich ein großer Vogel im Gleitflug fühlen!
Intensiv schauend und genießend vergeht die Zeit doch viel zu schnell. Ich möchte alles wahrnehmen, was sich unter mir so klein aus der Vogelperspektive darstellt, doch die Geschwindigkeit, wenn auch kaum spürbar, ist hoch und zurückschauen nicht möglich. 

Zum Schluss drehen wir uns in engen, Achten beschreibenden Wendungen hinab, um zum Landeplatz zu kommen, wobei ein Achterbahngefühl ein leichtes Rumoren im Magen hervorruft.
Ein echtes Highlight, mit dem wir die Zeit in der Türkei abschließen. 

Sechshundert Kilometer gut ausgebaute Schnellstraße bringen uns am nächsten Tag zurück nach Istanbul, wo wir die Nacht auf dem Parkplatz einer Raststätte verbringen, in der Abflugschneise des Flughafens, von dem aus wir morgen nach Ägypten abheben wollen.

(von Ronald)

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