Samstag, 5. Mai 2018

Ephesus und Me(e)hr

Nach den intensiven, anstrengenden Tagen lassen wir es jetzt etwas ruhiger angehen. Wir wollen nicht mehr viel weiter nach Süden fahren, da wir nur noch einige Ziele in der Türkei anfahren. Unsere Idee, mit dem Auto nach Israel und Ägypten einzureisen, müssen wir leider aufgeben. Die Fährlinien im östlichen Mittelmeer, die wir dazu hätten benutzen wollen, sind aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen schon seit einigen Jahren eingestellt wurden. Wir könnten das Auto noch als Frachtgut verschiffen, doch das ist furchtbar teuer und umständlich, da wir fliegen und Wartezeit überbrücken müssten und genaue Informationen sind auch nur schwer zu bekommen.
Also werden wir in einigen Tagen zurückfahren nach Istanbul, dort den Sprinter in der Nähe des Flughafens parken und per Flugzeug mit Rucksäcken für etwa vier Wochen weiterziehen.

Vorerst verbringen wir die Tage in Ephesus mit etwas Kultur, Meer und Müßiggang. Die großen Hotels in der Nachbarschaft unseres Campingplatzes lassen auf hohes Touristenaufkommen im Sommeer schließen, zur Zeit ist es aber still und wir sind fast allein auf dem großen Platz mit dem weitläufigen Strand.

Wir radeln am Morgen die zehn Kilometer vom Strand nach Selcuk, so heißt die heutige Ortschaft an der Stelle der antiken Stadt Ephesus heute. Wir besuchen das moderne, sehr ansprechend gestaltete kleine Museum mit Fundstücken der Ausgrabungen.

Zeitlos schöne Vasen, Schmuckstücke und Glasgefäße lassen das Alter der Gegenstände vergessen.

Die ungewöhnliche, lebensgroße Statue der Göttin Artemis ist ringsherum mit Symbolen der Fruchtbarkeit geschmückt.

Artemis, die Schwester des Sonnengottes Apollon, gilt auch als Mondgöttin; in dieser goldenen, nur zehn Zentimeter hohen Figur ist das eingefangen.

Auf dem Weg zurück entdecken wir die alte Straße, die neben der vierspurigen unter einer Eukalyptusallee entlang führt. Wir fahren im Schatten der alten Bäume abseits vom Verkehr und atmen den würzigen Eukalyptusduft.

Ephesus war um die Jahrtausendwende eine blühende Stadt mit 200.000 Einwohnern. Die Naturgöttin, die später von den Griechen als Artemis in den olympischen Götterhimmel aufgenommen wurde, wurde hier schon lange verehrt. Daneben war die Stadt ein wichtiges Handelszentrum.
Auch der Apostel Paulus besuchte die Stadt mehrfach. Er konnte mit dem Schiff direkt am Hafen an der Stadt anlegen. Das ist heute nicht mehr möglich, da der Kaystros im Lauf der Jahrhunderte so viel Schwemmland hinabspülte, dass die gesamte Bucht verlandete.
Von 52 bis 55 nach Christus lebte Paulus hier. Wie auch in Korinth und anderen Städten gründete er eine Gemeinde. Mit den Korinther- und Epheserbriefen sind Zeugnisse seiner Tätigkeiten erhalten.

Vielfach ist die Ebene sumpfiges Gelände, in der die vielen Störche, die wir im Ort gesehen haben, reichlich Nahrung finden.

Die Pracht der einstigen Stadt lässt sich nur erahnen. Die mit Marmorplatten ausgelegte Straße vom Theater (mit 25.000 Sitzplätzen) zum Hafen war nachts beleuchtet.

An den römischen Straßen standen Meilensteine, die neben der Entfernung in Stadien auch den jeweiligen Kaiser nannten. Änderte sich dessen Name, wurde der Stein umgedreht und neu behauen (hier ist der Name Caesar Augustus zu erkennen).

Dies kräftige Schildkröten- Exemplar taufte Jessi auf Suleyman den Prächtigen. Ich widerstand der Versuchung, ihn mitzunehmen.

Die Fassade der Celsusbibliothek ist eines der Prachtstücke und wurde mit Unterstützung von österreichischen Archäologen und Geldern wieder errichtet (darum stehen die Originale der Statuen in den Nischen wohl auch in Wien).

Kein Kunstwerk, sondern eine Sammlung von antiken Tonröhren.


In Ephesus stand eins der sieben antiken Weltwunder: Der Artemistempel.
In dieser alten Kult- und Mysterienstätte muss ein Tempel von enormer Größe und Schönheit gestanden haben. Achtzehn Meter hoch waren die 140 Säulen, die zweireihig eine Fläche von 115 mal 55 Metern bildeten, größer als ein Fußballfeld. Außer einer aus Bruchstücken wieder errichteten Säule zeugt nichts mehr davon.

An einem Ort wie Ephesus kann das Graben gefährlich sein. Beim Köfteessen erfahren wir vom Imbissbesitzer, dass auf dem Nachbargrundstück gebaut werden sollte. Beim Ausschachten kam ein römisches Grab zu Tage. Die Grabbeigaben wanderten ins Museum, das Gelände liegt brach.

Auch das weitläufige Gelände des Campingplatzes besteht aus Schwemmland und ist mit Palmen und Eukalyptusbäumen bewachsen. Wir sind mal wieder praktisch allein hier.

Die  Wassertemperaturen steigen, je weiter wir nach Süden kommen und das Jahr voranschreitet. Das Baden macht jetzt Freude und kostet mich keine Überwindung mehr. 

(von Ronald)

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