Donnerstag, 7. Dezember 2017

pura vida

Wie sehr wir das jetzt  genießen: geweckt werden von der Sonne, die in unser Zimmer scheint, dem Rauschen des Verkehrs, das Aufstehen im warmen, milden, aber so gar nicht feuchtem Klima. Im Innenhof des urigen Hotels, dessen Architektur alte und neue Elemente selbstverständlich verbindet, wird das Frühstück überdacht oder ganz im Freien neben dem kleinen Pool serviert. Der Besitzer kommt vorbei und erzählt ein wenig (wher're you guys from?). Er kommt aus den USA, hat sich vor 30 Jahren wegen des Klimas hier niedergelassen, ein Haus mit Platz darum herum gekauft, umgebaut, angebaut, ein Hotel daraus gemacht.


San Jose liegt etwa 1000 Meter hoch. Viele schätzen das Klima hier als eines der angenehmsten weltweit. Ganzjährig etwa 25 Grad Celsius, das ist die Temperatur, in der sich die meisten Menschen wohl fühlen, eine leichte Luftbewegung, keine zu hohe Luftfeuchtigkeit. Dazu eine Stadt, deren Zentrum überschaubar ist, die als Hauptstadt aber doch allen kulturellen Gelüsten Nahrung bietet. Sich hier niederzulassen und eine Existenz aufzubauen kann ich sofort nachvollziehen, ganz anders als in Utila, wo wir ja auch viele ältere 'Nordmenschen' gesehen haben.

Beim Spaziergang zu den belebten Zentren der Stadt, dem Parque Central, dem Plaza de la Cultura und den dazwischen längs und quer verlaufenden Fußgängerzonen, fällt uns wie schon gestern Abend auf, dass wie in vielen Städten die Gegensätze hier aufeinanderstoßen. Neben alten Gebäuden ragen Hochhäuser aus Glas und Beton empor, aufwändig gestaltete und gepflegte Plätze neben heruntergekommenen Straßenzügen, schicke Stadtbewohner neben Bettlern, Versehrten, ausgemergelten und mitleiderregenden Gestalten.




Wir haben ja glücklicherweise die Freiheit, uns zu entscheiden, wir müssen uns nur klar darüber sein. Ich kann den Fokus auf die eine oder die andere Seite richten. Es fällt uns hier nicht schwer, das viel zitierte Glas halbvoll zu sehen, was durchaus mit den Erlebnissen der letzten Woche zu tun hat. Wir schauen auf das, was uns gefällt, wir genießen, was die Stadt uns bietet. Jeder kann eine Stadt, wie jeden anderen Ort auch, anders erleben, die Eindrücke hängen von unserer Gestimmtheit ab, von den unveränderlichen äußeren Einflüssen, von allem, was einem begegnet und natürlich von dem, was wir sehen wollen. Doch alles hängt miteinander zusammen. Ist man offen, gut gelaunt und bereit für Neues, so ist es auch wahrscheinlich, dass die Stadt und die Menschen auf einen zu kommen. Wie heute Mittag die ältere Dame, die uns im Falafel House deutsch sprechen hört und uns beherzt anspricht, um uns mit ihrer Tochter bekannt zu machen, die die deutsche Sprache liebt, da ihr Vater aus Berlin kommt. Oder das junge Pärchen im Auto, das heute Abend für uns bremst, als wir die Straße überqueren, um uns aus dem offenen Fenster einen schönen Abend und frohe Weihnachten zu wünschen.

Außerdem hat die Stadt Humor. In der Fußgängerzone ist eine überlebensgroße Plastik einer karibischen Mami aufgestellt, die die mit ihren gewaltigen Proportionen zwar mächtig ist, vielen tempramentvollen Damen hier aber durchaus abgeschaut ist.



Wir belohnen uns am Abend mit einem Besuch im prunkvollen Nationaltheater, einem klassizistischem Bau, der alle Erdbeben unbeschadet überstanden hat, wo wir ein zeitgenössisches Ballett von Alice im Wunderland sehen. Wir tauchen ein in die fantastische Geschichte, die mit moderner Musik, farbenprächtigen Kostümen, niveauvollem ausdrucksstarkem Tanz der kuriosen Gestalten davon erzählt, Träume zuzulasssen, das Leben zu lieben und das Kind in uns sich ausleben zu lassen.


Toll, klasse, sehr gut oder wie man in Costa Rica sagt: 'pura vida' - voll das Leben!

(von Ronald)

PS. (von Jessica)
Liebe Sandra, als spezieller Gruß an dich als meine Französisch-Kollegin und Stellvertrerteterin in Lensahn hier ein Foto von der "Alliance Francaise" in San Jose. Wir wohnen schräg gegenüber des Gebäudes, und bei der gestrigen Suche im Dunkeln nach einer Übernachtungsmöglichkeit in der fremden Stadt bin ich sozusagen über das Haus gestolpert, habe interessiert hineingeschaut und wurde so nett, herzlich und hilfsbereit in französischer Sprache empfangen, dass ich das Gefühl hatte, dass das Leben mich persönlich meint und mir so richtig warm ums Herz wurde.

1 Kommentar:

  1. Wenn ich euren Blog lese, lese ich immer erst den Text und schaue dann die Bilder an.
    Nie lese ich zuerst, wer den Text geschrieben hat, ....bildete ich mir doch bis eben ein, ich wüsste anhand des Stils sicher, ob Jessi oder Ron ihn verfassten.
    Nun, ....habe mich eben eines Besseren belehren lassen. Ich hätte beim Lesen fest geglaubt, dass diesmal Jessi dran war.
    Hehehe....hat ja super geklappt, Gabi....

    Dauerhaft 25° klingt verlockend. Hier ist feucht-düster-Schnupfen-Halsschmerz-Wetter.... wir versuchen, im Arbeitsalltag die Besinnlichkeit der Adventszeit nicht zu sehr zu vernachlässigen und machen es uns dies Wochenende drinnen gemütlich, mit Kerzenschein, Tannen- und Plätzchenduft.

    Ganz liebe Grüße an euch Zwei

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